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Das Urbar des Amtes Reineberg aus dem Jahre 1646

Da fast alle Höfe im Kirchspiel Levern zur Grundherrschaft des Stifts bzw. der Propstei Levern gehörten, lassen sich viele Höfe und Familien des Kirchspiels aufgrund von Urkunden, Akten und Einnahmeregistern des Klosters bzw. Stifts schon in mittelalterlicher Zeit oder doch wenigstens vor der Mitte des 17. Jahrhunderts nachweisen. Bei solchen Erwähnungen von einzelnen Familien oder Stätten handelt es sich jedoch nie um vollständige Namen-, Einwohnerlisten oder Höfeverzeichnisse. In den Archivalien des Klosters bzw. Stifts wird ein Hof oder eine Person oder auch eine Reihe von Höfen oder Personen nur dann erwähnt, wenn beispielsweise der Hof Gegenstand eines Rechtsgeschäfts ist oder die betreffende Person oder Familie zum Kloster bzw. Stift in einem bestimmten Rechtsverhältnis steht. Nur im Zusammenhang mit bestimmten Rechtsgeschäften oder Rechtsverhältnissen sind also solche Aufzeichnungen im Kloster bzw. Stift Levern gemacht, denen wir vor der Mitte des 17. Jahrhunderts viele, aber eben doch nicht alle Namen der Einwohner des Kirchspiels Levern verdanken. Der Zweck der Aufzeichnungen war nie die Erstellung von Häuserlisten oder Einwohnerverzeichnissen. Die erste vollständige Aufzeichnung aller Höfe und Stätten im Kirchspiel Levern, in der sämtliche Besitzungen nach einheitlichen Gesichtspunkten verzeichnet und beschrieben sind, erfolgte im Jahre 1646. Dieses Verzeichnis verdanken wir allerdings nicht der Feder des Stifts- oder Propsteischreibers, es ist ein im Auftrag der Regierung des Fürstbistums Minden angelegtes Urbar für das landesherrliche Amt Reineberg, zu dem auch die (Verwaltungsvogtei) Levern gehörte, die mit dem Kirchspiel und dem heutigen Amtsbezirk Levern identisch ist. Was unter einem Urbar in Minden-Ravensberg zu verstehen ist, geht aus einer Definition aus dem Jahre 1785 hervor, in der es heißt: »Es werden observanzmäßig diejenigen Bücher allhier Urbaria genandt, worin der Unterthanen Qualitäten beschrieben, sämtliche Domainen-Prästanda (Leistungen) und gutsherrliche Abgaben und sonstige Gerechtsame verzeichnet sind, zum Unterschied der Catastrorum, in weldhen blos die Ländereien der Unterthanen mit ihrem Maß und Taxe aufgeführt, und wobey zugleich die Zehntbarkeit und Freyheit des Landes (von der Zehntpflicht) bemerkt ist. Auch im Mittelalter hatte es schon Urbare einzelner Grundherrschaften geben, die sich aber von den jüngeren landesherrlichen Urbaren inhalti, oft erheblich unterscheiden. Das Neue an den jüngeren Urbaren der Neuzeit war die Verdeutlichung und die systematische Zusammenfassung der alten, mittelalterlichen Rechtsverhältnisse, die vor allem in den Leistungen der Bauern an verschiedene herrschaftliche und genossenschaftliche Institutionen ihren Ausdruk finden.

Das Urbar des Amtes Reineberg von 1646 ist das älteste aus dem Fürstbistum Minden. Die ältesten landesherrlichen Urbare für die übrigen Amter des Fürstbistums stammen aus den Jahren 1681/82. Um so eigenartiger erscheint der Zeitpunkt, in dem die Abfassung des Urbars des Amtes Reineberg begonnen wurde: 1646. Der Westfälische Frieden war noch nicht ge-schlossen, der Kurfürst von Brandenburg ergriff erst 1650 Besitz von dem ihm 1648 zugesprochenen Fürstbistum Minden und die brandenburgische Bestandsaufnahme in dem neuen Territorium setzte mit den Urbaren für die übrigen Amter offenbar erst 1681 ein. Wir müssen daher annehmen, daß die Anlage des Urbars von 1646 auf die Schweden zurückgeht, die das Fürstbistum seit 1633 besetzt hielten. Die Schweden hatten aber auch die Zivilverwaltung des Fürstbistums übernommen und während der Friedensver-handlungen im Sommer 1646 sogar daran gedacht, das Fürstbistum Minden endgültig für sich zu behalten. Wenn die schwedische Besatzung die Regierungsgewalt übernommen hatte, alle einheimischen Beamten auf die schwedische Krone vereidigt wurden und das Fürstbistum selbst als eine schwedische Provinz angesehen wurde, war es natürlich für die schwedische Regierung notwendig, den Umfang ihres Besitzes und ihrer Einkünfte in ihrer neuen Provinz zu ermitteln. Da 1636 die gesamte Registratur des Amtes auf der Burg Reineberg verbrannt war und 1638 die Burg selbst geplündert worden war, ist es naheliegend, daß nach Abschlufs der Kriegshandlungen und Beginn der Friedensverhandlungen 1646 mit der Anlage eines neuen Urbars für das Amt Reineberg begonnen wurde. Das ganze Urbar ist nach den Vogteien, Kirchspielen und Bauerschaften des Amtes Reineberg gegliedert, hier ist jedoch nur der Teil abgedruckt, der die Vogtei Levern umfaßt. Alle bäuerlichen Stätten jeder einzelnen Bauerschaft werden nach einheitlichen Gesichtspunkten beschrieben: Nach dem Namen des Hofbesitzers folgen die Besitzerklasse, der er angehört, und die Angabe seines Grund-und Leibherrn. (Nur einige wenige Stättenbesitzer im Kirchspiel Levern sind 1646 leibfrei.) Dann werden die Gesamtbelastungen des Hofes. nämlich die Abgaben und Dienstleistungen an die Grundherrschaft, den Landesherren, den Markenherrn und an sonstige Herren, Amter und Institutionen aufgeführt. Daran schließt sich die Verzeichnung der Art und Größe des Besitztums an: Haus, Hof, Garten, Ländereien, Wiesen und Weidegerechtigkeit. Die Bezeichnung der einzelnen Stätten durch Hausnummern war 1646 offenbar noch nicht üblich oder notwendig, daher weisen die Stätten im Urbar noch keine Hausnummern auf.

Zusätzliche Bemerkungen im Urbar über Levern :

  • 1. Lever baurschafft hat keine gemeine holtzung, nur den Leverdeich undt Papler Bruch, so nur ellerbüsche sein, unndt waiß ein jeder in seiner gehäge hat.
  • 2. Mastung haben sie nicht.
  • 3. Weide haben sie durchß gantze kirchspiell gemein, wie auch die Oberleverschen bis an Tappen haufs, durch dals Oldendorffer bruch in die Oldendorffer marck durch und durdh gemein mit allerley viehe ohne schäferey, wofür sie keine urkunde geben, dan durch den Leverdeich inß stifft Oßnabrügk biß an Wittlage undt durch selbig ambt unwiedersprechlich.
  • 4. Lever baurschafft gibt keinen zehenden, nur Gerdt zun Stegen gibt gleich den Deistelern anß haufß Halem 2 zehenden von allem lande ohne fleischzehendten.
  • 5. Cessat fleischzehendte.
  • 6. Leibeigenschafft recht verstehen sie nicht.
  • 7. Müßen landtfolge undt burgfeste undt waß dem anhengig, auch ihre dienste gleich den Mehneren verrichten, folgen sonst zum landtgerichte und zum halßgerichte.
wiki/stemwede_levern_urbar_le.txt · Zuletzt geändert: 2022/08/05 00:43 von michael

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